Die Verbindung von Mensch und Arbeitswelt

«Es braucht viel Energie, um Gewohnheiten zu ändern», sagt Leyla Gündöner: Für die Coop Rechtsschutz betreut sie Burnout- und Trauma-Opfer - und das äusserst erfolgreich.

 

Bilder: valentinaverdesca.format.com

Die Verbindung von Mensch und Arbeitswelt

Leyla Gündöner, Sie übernehmen für Coop Rechtsschutz unter anderem das Coaching von traumatisierten Menschen. Können Sie uns von so einem Fall erzählen?

Eine Frau hatte einen Autounfall. Sie konnte nicht mehr arbeiten, zu den körperlichen Symptomen kamen psychische. Sie verlor ihre Stelle, die Unfallgelder versiegten, später auch die Arbeitslosentaggelder. Sie wandte sich an die Rechtsschutzversicherung, diese wurde aktiv. Der Rechtsstreit mit der Unfallversicherung und der IV führte nicht wie erhofft zur Wiedereingliederung. Um der Frau zu helfen, brauchte es eine andere Lösung. An dieser Stelle kam ich ins Spiel.

Was unternehmen Sie in so einem Fall?

Einerseits übernehme ich das Case Management, also die Koordination zwischen Sozialversicherungen, Ärzten, Therapeuten, dem Arbeitgeber und Anwälten. Parallel dazu baue ich die Frau unter anderem im Mental Coaching auf, damit sie sich stabilisiert und überhaupt wieder zu arbeiten imstande ist. Schliesslich begleite ich sie als Job Coach im Bewerbungsprozess auf der Suche nach einer optimalen Stelle.

Wie hoch sind die Chancen, dass das klappt?

Erfreulicherweise hoch! In unserem Fall hatte die IV aufgrund von ärztlichen Gutachten entschieden, dass die Frau nicht wiedereingliederbar sei. Wir bewiesen das Gegenteil: Die Frau arbeitet heute Vollzeit und kommt zu 100 Prozent für sich selber auf, statt von Sozialleistungen zu leben. 

Warum gelingt Ihnen das? Haben Sie ein Rezept?

Mit dem Case Management, dem Mental Coaching, dem Job Coaching und der Fachberatung Psychotraumatologie vereinige ich mehrere Gebiete, die es mir ermöglichen, die Klienten in ihrer ganzen Komplexität zu erfassen. Das wiederum hilft mir, die richtigen Helfer ins Boot zu holen und geeignete Schritte einzuleiten. Und die Betroffenen sind in ihrer belastenden Situation meist froh, nicht eine Reihe unterschiedlicher Bezugspersonen zu haben.

Sie bekommen regelmässig Trauma-Opfer zugewiesen. Leute also, die etwas Schlimmes erlebt haben und deren unbewusstes Gedächtnis sie in ihrem Leben aufgrund dieser Erfahrung erheblich beeinträchtigt. Wie bringen Sie das weg?

Das ist in erster Linie die Aufgabe des Trauma-Therapeuten. Aber auch in der Beratung und im Coaching ist es zentral, die unterstützenden Massnahmen individuell auf die Person abzustimmen.

Es ist wichtig, Massnahmen individuell auf die Person abzustimmen.

Zu Beginn schaffen wir ein Grundverständnis für die Symptomatik und erarbeiten eine Verbesserung der inneren und äusseren Stabilität. Danach erfolgt eine schrittweise Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse und zuletzt die Integration in ein normales Alltagsleben.

Wo setzen Sie bei einem Burnout-Klienten an?

Ich verschaffe mir einen Überblick über die Ausgangssituation und schaue, welche Faktoren den Menschen blockieren und überfordern. Sind es dysfunktionale Denk- und Verhaltensmuster, die dieser Mensch mit sich herumträgt? Oder ist es sein Umfeld, wo man ansetzen und etwas verändern muss?

Wenn Sie einen Vorgesetzten als Grund für das Burnout einer Person orten, raten Sie ihr zur sofortigen Kündigung?

Nein, das mache ich nicht. Als Coach bietet man keine Lösung an: Ratschläge sind Schläge! Ich erarbeite mit den Klienten eine Grundlage, auf der sie selber die passende Lösung finden. Das Erkennen, was einen belastet, und der Fokus auf das Ziel sind Voraussetzungen, um nachhaltig etwas zu verändern.

Sie trainieren also mit dieser Person – bis sie merkt, dass sie ihre Stelle kündigen muss?

Man hat immer zwei Möglichkeiten: Entweder man verändert seine Einstellung und lernt, mit den Dingen zu leben. Oder man verändert seine Situation. Welchen Weg meine Klienten wählen, ist ihre Entscheidung. Ich stelle ihnen Fragen, die sie für sich beantworten müssen, unterstütze sie mit Interventionen und erarbeite mit ihnen Lösungsstrategien.

Warum braucht es einen Coach? Warum kann man das nicht selber lösen?

Weil es viel Energie kostet, Gewohnheiten zu ändern, dranzubleiben und sich immer wieder aufzuraffen. Ein Grossteil unseres Verhaltens läuft unbewusst und automatisch ab, gesteuert durch Routinen und Rituale. Es ist also anstrengender, befreiendes Neuland anzupeilen, als im alten Trott zu bleiben. In einer herausfordernden Lebenssituation einen Coach an seiner Seite zu haben, der einen bei der praktischen Umsetzung begleitet, trainiert und für die nächsten Schritte motiviert, ist oft sehr zielführend.

Spürt man, wenn Klienten so weit sind? Wenn sie bereit sind, den konkreten Schritt zu tun?

Ja, dieser Moment ist toll! Auf den arbeiten wir hin. Plötzlich kommen sie aus sich heraus, wollen von sich aus mehr, haben wieder Energie. Es ist eine Welle, die sie erfasst. Dann muss ich nur noch schauen, dass sie sie sauber surfen.

 

Über Leyla Gündöner

 

Schon während ihrer Ausbildung zur Bankkauffrau realisierte Leyla Gündöner, dass ihr die Verbindung von praktischer Arbeitswelt und Psychologie besonders liegt. Sie liess sich zum diplomierten Mentalcoach ausbilden, belegte Fächer in den Bereichen Case Management, Arbeitsintegration sowie Potenzialanalyse / Persönlichkeitsentwicklung und absolvierte eine Ausbildung zur Fachberaterin Psychotraumatologie. Seit 2012 führt Leyla Gündöner ihr eigenes Beratungsunternehmen start it now, seit 2014 arbeitet sie als externe Case Managerin und als Coach regelmässig für die Coop Rechtsschutz.

 

 

 

Das Interview hat Autor Matthias Mächler für unser Kundenmagazin CORE geführt. Im Magazin finden Sie weitere spannende Beiträge rund ums Thema "Gedächtnis": 

 

 

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